Neues aus dem Gemeinderat

Der Besucherandrang bei der Gemeinderatssitzung am 14. Februar 2022 war ungewöhnlich groß. Das Interesse galt wohl vor allem einem umstrittenen Bauvorhaben.  Der Bauherr will auf zwei nebeneinanderliegenden Grundstücken ein Wohnhaus mit acht Wohneinheiten und 23 Stellplätzen (!) errichten. Dagegen erhebt sich Protest aus der Nachbarschaft, und auch aus dem Gemeinderat wurden kritische Stimmen laut hinsichtlich der Anzahl der Stellplätze (Ortsbild!). Außerdem wurde angezweifelt, dass es bei acht Wohneinheiten bleibt, denn die Pläne zeigen, dass weitere Wohnungen im Unter- und im Dachgeschoss des Gebäudes geplant sind – was dann auch die vielen Stellplätze erklären würde. Laut Verwaltung entspreche der Bauantrag, auch nach Rücksprache mit dem Landratsamt, dem gültigen Bebauungsplan; eine Entscheidung oder gar Ablehnung durch die Gemeinde sei daher gar nicht möglich.

Der Gemeinderat hatte sich dann mit drei schwergewichtigen Themen zu befassen: Haushaltsplanung für 2022, Gemeindeentwicklungskonzept und Bebauungsplan „In den Haseln Ost“.

Zum Haushaltsplan wurde zunächst eine Reihe von Fragen beantwortet, die unsere Fraktion im Vorfeld der Beratungen an die Verwaltung adressiert hatte. Wir hatten zudem einige Änderungsvorschläge zu einzelnen Haushaltspositionen unterbreitet, die einerseits zu Einsparungen geführt hätten, andererseits aber auch zusätzliche Ausgaben generiert hätten, wie etwa 20.000 € für einen barrierefreien Zugang zur Festhalle im Gallushaus. Leider fanden unsere Vorschläge im Gemeinderat keine Mehrheit. Da in die Haushaltsplanung noch weitere Ausgaben aufgenommen werden mussten (Personal, Heizungsanlage Schule, PV-Anlage Feuerwehrhaus) wird das Haushaltsdefizit noch höher ausfallen – siehe nächster Abschnitt.

Die Finanzlage der Gemeinde Wittnau ist prekär. Der von der Verwaltung vorgelegte Haushaltsentwurf weist im Ergebnishaushalt ein hohes Defizit auf (-652.400 €). Das entspricht 13,8 Prozent des Haushaltsvolumens (4.736.300 €). Eine nachhaltige Verbesserung ist nicht in Sicht. Auch in den Folgejahre 2023 – 25 wird ein Defizit von mehr als 300.000 € prognostiziert. Im Unterschied dazu hat der Haushalt 2022 der Nachbargemeinde Merzhausen ein Defizit von lediglich 0,78 %, der des Landkreises sogar nur 0,13 %, ist also faktisch ausgeglichen. Zudem verfügt der Landkreis lt. Bericht im Hexentäler Amtsblatt vom 28.01.2022 „über Überschüsse aus ordentlichen Ergebnissen der Vorjahre in Höhe von fast 100 Mio. Euro“.

Daraus ergeben sich grundsätzliche Fragen an das derzeitige System der Kommunalfinanzen. Wenn einzelne Kommunen im Geld schwimmen, bedingt durch hohe Gewerbesteuereinnahmen, während andere bald den Insolvenzverwalter bestellen müssen, dann stimmt etwas nicht. Wenn Merzhausen, eine Gemeinde der VG, den Neubau des Vereinshauses des VfR Merzhausen mit 2 Mio. € subventionieren kann und trotzdem einen fast ausgeglichenen Haushalt hat, während Wittnau für Kinder- und Jugendarbeit 300 € aufwendet, wenn der Landkreis einen ausgeglichenen Haushalt und 100 Mio. Euro Rücklagen hat, während wir nicht mal unsere Pflichtaufgaben erfüllen können, dann stimmt etwas nicht.


Die Erarbeitung eines Dorfentwicklungsplans für Wittnau unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Institutionen war im Wahlkampf eines der wichtigsten Anliegen unserer Liste. Der Gemeinderat hat auf unsere Initiative hin im Februar 2020 beschlossen, ein Gemeindeentwicklungskonzept (GEK) erstellen zu lassen und die Aufnahme in das Förderprogramm „Flächengewinnung durch Innenentwicklung“ zu beantragen. Mit der Ausführung wurde die Firma Kommunale Stadterneuerung GmbH beauftragt. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats wurden nun als Ergebnis des bisherigen Prozesses zwölf Schlüsselprojekte vorgestellt, jedes mit einem Steckbrief, der Ziele, Rahmenbedingungen, Akteure, Maßnahmen, Zeithorizont und Kosten beschreibt. Das Ergebnis, so kann man die Rückmeldungen aus dem Rat zusammenfassen, bleibt hinter den Erwartungen zurück. Aufgabe der Gemeinde wird es nun sein, die vorgeschlagenen Schlüsselprojekte zu konkretisieren und zu prüfen, was davon für die Dorfentwicklung Vorrang haben soll und realisierbar ist. Zentrales Element ist die Frage, wie die kommunalen Gebäude für die zukünftigen Aufgaben (Schule, Kita, Vereine, Festhalle) genutzt und ggfs. ausgebaut werden sollen. Der Gemeinderat wird voraussichtlich im Mai das GEK beschließen und dann auch über die weitere Umsetzung beraten.

Bebauungsplan „In den Haseln Ost“: Der Gemeinderat hatte die nach der Offenlage eingegangenen Bedenken und Anregungen abzuwägen, einem geänderten Planentwurf zuzustimmen und eine erneute Offenlage zu beschließen. Die wichtigste Änderung resultiert aus der Stellungnahme des Regionalverbandes Südlicher Oberrhein: Danach wird ein Nachweis des Wohnbauflächenbedarfs für die Gemeinde gefordert, was in der Vergangenheit offenbar versäumt wurde und nun zur Folge hat, dass eine Änderung des Flächennutzungsplans erforderlich ist. Der Regionalverband hat zudem gefordert, „zur Nutzung der Innenentwicklungspotenziale in Wittnau sollte eine Strategie zur Schließung der Baulücken entwickelt werden. Hierbei sollten die Baulücken und untergenutzten Grundstücke detailliert erhoben und dokumentiert (Baulückenkataster) sowie die Eigentümer regelmäßig kontaktiert und beraten werden. Auch ein Erwerb der brachliegenden Grundstücke durch die Gemeinde kann für die Aktivierung des Innenentwicklungspotenzials zielführend sein“.  

Damit wird ein auch aus unserer Sicht dringendes Problem angesprochen: brachliegende Baugrundstücke und Wohnraumleerstand. Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich Verwaltung und Gemeinderat mit dieser Thematik beschäftigen und Lösungsmöglichkeiten erarbeiten.